In den vergangenen Monaten wurde mir mehr und mehr klar: Ich habe den Überblick verloren. Ich habe von allem viel zu viel, so dass ich nicht mehr weiß, WAS ich eigentlich alles habe.
Als ich Mitte Juni einen Paketzettel im Briefkasten hatte und ich nicht mehr wusste, was genau ich von der Post abholen sollte (es lagen allerdings auch ein paar Tage Urlaub dazwischen – da kann man schon mal was vergessen!!), da dachte ich: Heilige Sch**** – jetzt ist es Zeit. Aber Zeit für was??
Ich schwöre, ich habe nur einmal geblinzelt und plötzlich war mein Konto leer. „In The Red“
Um mir überhaupt mal einen Überblick zu verschaffen, machte ich Inventur. Am 14.06.! Das erste Mal seit Langem sah ich genau hin. …
Mit Erschrecken stellte ich fest: „Rien ne va plus.“ Das kam natürlich völlig überraschend. So ganz überraschend! Wirklich!! 😉
Weil ich an dem Tag davor noch auf Ibiza war – und als Fan ausgefallener Mode konnte ich mir diese Steilvorlage aber echt nicht entgehen lassen. Mit einem leichten Anflug von Panik kaufte ich noch am Samstag den 13.6. – einen Tag vor dem Abflug nach Berlin – mein Konto noch leerer. Das geht. Und sogar sehr gut.
Tja – schmerzhaft zu sehen und zu fühlen – reichte es nun. So konnte es nicht weiter gehen. Ich wollte einfach nicht mehr zuschauen – konnte ich ja auch nicht mehr. Oder wegschauen? Ich bin nicht sicher. Wegschauen konnte ich gut. Und das kann ich bestimmt immer noch gut, wenn es darum geht an mein eigene Tür zu klopfen. Dann ist meist keiner zu Hause.
Es musste endlich etwas passieren.
Ich bin nun gezwungen einfach („einfach“ ist das sicher nicht!!) mal genau darüber nachzudenken, aus welchem Grund ich in fast 20 Jahren immer mal wieder über meine Verhältnisse konsumiert habe. Mit der Aussicht auf mehr Glück? Ist materieller Wohlstand der Weg zum Glück? Warum meinte ich, würde ich die x-te Hose brauchen. Oder das x-te Oberteil … Macht mich ein voller viertüriger Kleiderschrank glücklich. Okay, es ist nur die flachere Version „Pax“ von Ikea. Aber möglicherweise würde ich einige Jahre brauchen, um diese Sachen alle „abzutragen“. Mal abgesehen von Unterwäsche.
Natürlich kann man sich mal was gönnen, und ich habe es selbst gemerkt, manchmal macht Frustshoppen auch wirklich Sinn, weil es Akut-Schmerzen betäubt. Aber es löst genau nix. Es löst kein einziges Problem. Schade eigentlich.
Es löst allerdings in der Bekleidungsindustrie folgende Schlussfolgerung aus:
“Frauen shoppen gern, wenn es ihnen Scheiße geht. Diesen Impuls müssen wir verstärken, um mehr Umsatz zu machen! Am besten bauen wir unsere ganze Werbelinie drauf auf, Frauen zu erklären, dass es erstens richtig ok ist, „Frust-zu-shoppen“, und zwar bitte täglich. Und zweitens, dass ihr ganzes Leben plötzlich wieder total in Ordnung ist und sie sich besser fühlen, wenn sie sich jetzt dieses eine blaue Kleid kaufen, das wir für fast nichts in Bangladesch produzieren und bei dem wir 500 Prozent Gewinnspanne draufschlagen können.”
All der Konsum hat mich also nicht wirklich glücklicher gemacht. Es hatte keinerlei langfristige Bedeutung in mein Leben bringen können. Außer, dass es mich gezwungen hat, jetzt hinzuschauen. …
Trotzdem rannte ich diesem Zeug hinterher. Auf der stetigen Suche nach ultimativer Zufriedenheit. Zufriedenheit kommt nicht in unser Leben per Konsum. Ich weiß, hinter meinem Kaufen steckte ein Maß an „Unglücklich sein“. Natürlich nur ein bisschen. 😉
Ich bin also nun endlich gezwungen (Gottseidank noch bevor das GANZE Kind in den Brunnen fiel) Konsumverzicht zu üben.
Ich muss und möchte meinen unnötigen Konsum abstellen und mich auf das zu konzentrieren, was ich, was meine Seele braucht. Da ist das Treffen mit Freunden, mich zu bewegen, das Gespräch mit meiner besten Freundin Sabine, mein Berlin atmen zu sehen und dabei tolle und so einzigartige Fotos zu machen oder der bewusste Spaziergang mit meinem Hund, das Erleben in meiner Familie. All das ist heilsamer, als jede neue Amazon-Lieferung oder das Kaufen einer neuen Klamotte.
Natürlich werde ich weiterhin, von Sonnenstrahlen geküsst, Berlin genießen können, Obst und Gemüse kaufen, auch das ein oder andere Buch. Doch ich möchte jede Kaufentscheidung bewusst treffen. All das, was ich jetzt besitze, neu zu sortieren und bewusst zu nutzen. Nichts Neues zu kaufen. Das ist für mich mein Weg hin zu einem anderen Leben. Mein Minimalismus. Der Weg in ein wirklich selbstbestimmtes Leben. Freier von Geld, Macht, Anerkennung durch Status. Ich bin mittlerweile sicher, Erlebnisse machen mich glücklicher als „Dinge“.
Konsumverzicht klingt erstmal irgendwie cool und manchmal fühlt es sich so gar nicht cool an. Dabei habe ich nicht zu jeder Zeit zwingend ein Hoch. So eher gar nicht. So eher wirklich umgekehrt. So eher ist manchmal alles ziemlich Scheiße. Doch irgendwie wird auch grad alles gut. Es war zwar zwischenzeitlich schon immer wieder ziemlich gut, aber inzwischen kann ich immer öfter das “ziemlich” streichen. Es ist gut.
Aaaaber: Mir ist klar, dass ich da keine Riesenleistung abliefere, die Welt nicht dadurch verändere. Ich fordere schlicht und einfach mich selbst heraus.
Wenn ich einen ursprünglichen und minimalistisch reduzierten Lebensstil führe, dann ist es wichtig, die richtige Einstellung zum Konsum zu bekommen. Und anzunehmen, wenn´s mal wieder Scheiße läuft. Hier denke ich dann an Sokrates, der beim Besuch des Marktes in Athen feststellte:
„Wie bin ich froh, zu sehen, was ich alles nicht brauche!“
Erwischt? Ich freue mich auf Eure Erfahrungen.
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Hallo Astrid, ich drück die Daumen, dass es mit dem Konsum reduzieren klappt. Natürlich lässt sich dann nicht mehr jeder Frust mit Shoppen übertünchen, aber dafür entsteht im Laufe der Zeit auch viel mehr freie Zeit, mehr Selbstbestimmung, mehr Spaß.
Liebe Gabi,
vielen Dank für Deine Worte. Es ist gut so, dass sich dann nicht mehr jeder Frust mit Shoppen zukleben lässt. Und so lerne ich seit längerem andere Alternativen … Und das geht. Ich gebe Dir so recht: mehr Zeit, mehr Selbstbestimmung, einen klareren Kopf. Auch wenn es manchmal noch eine Herausfoderung ist. Ich verfolge jetzt Deinen Blog. Liebe Grüße Astrid
liebe astrid. dein text könnte von mir sein. schreibe zwar keine roten zahlen, aber ich habe definitiv von allem zuviel und shoppe viel zu viel und fast täglich. auch das mit dem paket kommt mir bekannt vor…. seit gestern abend bin ich am sortieren und versuche mich mal im „project 333“. wer weiss, vielleicht kriege ich ja richtig spass am minimalem kleidungsstil! liebe grüsse anna
Liebe Anna,
das „Projekt 333“ finde ich echt krass. Großartig. „Simple is the Black“!! Ich glaube, wir ziehen eh imme rnur die selben Klamotten an.
Ich nutze noch ALLES was ich habe. Werde nichts aussortieren. Vier Türen-KLeiderschrank sollten die nächsten 10 Jahre reichen. 🙂
Ich bin sicher, dass es Dir gelingen kann. Mein Geld gebe ich im Moment nur für Essen aus. Da ich Rohveganerin bin, klappt das noch einmal mehr sehr gut. :-)))
Liebe Grüße
Astrid <3