… sein KÖNNEN!!
Gestern erlebte ich einen sehr bedeutsamen Tag – einen von den sehr seltenen im Leben. Das Datum werde ich nie vergessen. Ich war noch lange wach, berührt und aufgewühlt.
Ich habe gestern das erste Mal fast vierzig Menschen aus meinem virtuellen Netz „IRL“ – „In Real Live“ treffen können. Anlass war die „Tomaten-Show #100“ – ins Leben gerufen durch Robert Gladitz vom „Business 1×1“.
Im Vorfeld war ich aufgeregt. Meine Gedanken überschlugen sich. Das erste Mal in meinem Leben traf ich Menschen, die ich scheinbar kannte und denen ich vorher noch nie im „realen Leben“ begegnet bin.
Über die sozialen Netzwerke tauschten wir uns im Vorfeld immer mal wieder aus. Über Themen, die uns bewegten und über Themen, die uns verbunden haben. Ein Gemeinschaftsgefühl entwickelte sich. Nicht immer waren alle einer Meinung. Ich las und hörte die Beiträge von jungen Menschen, die halb so alt waren wie ich. Diese Menschen inspirierten mich und öffneten meinen Horizont – hin zu einem Blick, wie anders man auch auf unsere Welt schauen kann.
Als ich nun gegen 10 Uhr im „Veganz“ in der Schivelbeiner Straße in Berlin-Prenzlauer Berg ankam, erkannte ich vor der Tür sofort Alex. Durch sein markantes Äußeres war das auch nicht so schwer. 🙂
Wir betraten gemeinsam den Raum und ich stellte sofort fest, dass ich das Durchschnittsalter um gefühlte 200 Jahre in diesem Moment hob. Ich war nicht wirklich überrascht. Und nahm es ab diesem Moment nicht einmal mehr wahr. Die Altersgrenze verschwand in offenen Gesprächen und gleichberechtigten Dialogen. Über das, was uns im Leben bewegt. Was im Moment bedeutsam ist. Ohne Masken und ohne eine Scheinwelt, in der wir etwas sein sollen, was wir nicht sind.
Wir begegneten uns in einer Art und Weise, die ich als bemerkenswert empfunden habe. Und immer noch bin ich ein Tag später berührt und auch nachdenklich von so vielen unterschiedlichen Menschen in einem offenen und doch sehr deutlich spürbaren gemeinsamen Raum. Ein Raum, der ohne die sozialen Netzwerke NIE entstanden wäre.
Es ist mir ein inneres Bedürfnis, meine Gedanken zu den Chancen, die uns allen die sozialen Netzwerke bieten können, nach diesem Erleben zu beschreiben.
Soziale Netzwerke gehörten erstmals zur Generation Web 2.0. Das heißt: Der Nutzer ist nicht nur wie beim herkömmlichen Internet Konsument von Informationen, sondern auch Gestalter von Inhalten – seien es Texte, Fotos, Videos und Botschaften. Die Sozialen Netzwerke sind nun aber schon lange ein Teil unseres Zusammenlebens geworden; ebenso selbstverständlich wie telefonieren oder lesen und schreiben – und genauso wenig daraus wegzudenken.
Besonders beliebt sind Soziale Netzwerke, weil sie die Möglichkeit bieten, mit Menschen von überall auf der Welt in Kontakt zu treten, solche mit gleichen Interessen zu finden und ohne Verzögerung, also in Echtzeit, mit ihnen zu kommunizieren.
Manche Beobachter halten Facebook & Co. für einen Fortschritt von ähnlicher Tragweite wie die Industrielle Revolution. Wieder andere halten das für eine gesellschaftliche Katastrophe. Eins aber zeigt der Erfolg der Sozialen Netze: Das mittlerweile alle Plattformen aus Sicht ihrer Nutzer für irgendetwas gut sein müssen. Es entsteht ein Nachrichtenstrom, den wir nutzen sollten, ohne uns von ihm wegschwemmen zu lassen.
Dabei haben unsere Gastgeber im Sozialen Netz handfeste Interessen – sie wollen möglichst viel über uns wissen, um uns aufgrund unseres digitalen Profils, möglichst genaue Werbung servieren zu können. Damit verdienen Facebook, Google, Twitter und Co. Geld. ICH WEISS!!
Das Netz ist heute ein eigenständiger menschlicher Kulturraum und als solcher folgt er den Prinzipien, die für jede Kultur gelten. Natürlich sind die Netze durch die Menschen bestimmt – durch uns – und kein autonomer, Nerven oder Kinder fressender Moloch.
Jede Verweigerung der Teilnahme an einer sozialen Gemeinschaft – so auch aus dieser – erachte ich für töricht. WARUM?
Das Internet und die sozialen Netzwerke sind ein Gehirn aus vielen Gehirnen – sehr dynamisch und komplex, unkontrollierbar und überraschend sicherlich – aber auch mit einer immanenten Tendenz für große Chancen.
Wo Menschen interagieren, entsteht immer eine Art dynamischer Ordnung. So leben wir in einem unkalkulierbaren, schwer zu greifenden dynamischen Raum, in dem wir uns zunehmend intuitiv bewegen müssen. Ein scheinbar grenzenloser Raum, in dem Ort, Zeit und vor allem die eigene Persönlichkeit unter anderen Bedingungen funktioniert. Die Frage „Wer bin ich und wer will ich sein?“ lässt sich in der virtuellen Welt gar nicht so einfach beantworten. Vielleicht ist das wirklich die Wiedergeburt der Intuition. Und die Möglichkeit, immer wieder auf „Kurskorrektur“ gehen zu dürfen.
Wir erleben eine grundlegende Änderung der Gesellschaft. Es fing mit Trivialitäten an und baut sich nun immer mehr zu Wertvollerem auf. Wir steigen die „Maslow-Pyramide“ langsam und vorsichtig nach oben. Von den Dingen, die uns reizten, bis hin zu den sinnstiftenden Anteilen.
Was muss geschehen, damit uns die sozialen Netze nicht alle Bewegungsfreiheit rauben?
Nicht die digitale Umwelt, sondern die darin bestehende Möglichkeit der realen Vernetzung ist der wichtige Antreiber kollektiver Willensbildung. Wir haben die Möglichkeit, unsere Welt mitzugestalten. Mehr denn je. Und das ist unsere Chance. Unsere Welt, wenn auch erst im Kleinen, zu einem besseren Ort zu machen – global denken, lokal handeln.
Die Gesellschaft – also WIR – werden Antworten finden. Finden müssen. Wir entwickeln uns mit. Da bin ich mir sicher und ich bin stolz darauf, diese Entwicklung mitgehen zu können.
IRL „In Real Life“
Pingback: Warum ich Instagramm, Twitter, Google+ und Xing gelöscht habe ... - rawrebel.de
Pingback: Warum ich denke, das Beten für Paris und die Tricolore nicht hilft ... - rawrebel.de
Pingback: Warum ich neugierig auf die “Falten“ der Anderen bin ... - rawrebel.de
Wow, was für ein schöner Bericht! Ich verfolge den Blog von Juliane (https://m.facebook.com/VeganaholicBlog), wir kennen uns auch persönlich. Daher lese ich fleißig Eure Erlebnisberichte mit. Ich plane derzeit in Hamburg ein fb-Gruppentreffen (Thema Hochsensibitität & Singledasein), wir sind quer durchs Land bis in die Schweiz verstreut. Eure Erfahrungen motivieren mich total und ich bin sicher, auch unser Treffen wird „episch“! Liebe Grüße Kerstin
Liebe Kerstin,
Danke für Deine lieben Zeilen. Und wie schön, dass Ihr ein solches Treffen plant. DAS genau ist unsere Chance. Euer Treffen wird „episch“. Schon allein, das man/wir in Kontakt kommt/kommen. Miteinander in den Austausch treten kann. Wenn wir uns untereinander inspirieren – was für ein tolles Gefühl. Liebe Grüße Astrid <3
Liebe Astrid,
danke für den wieder zum Nachdenken anregenden Artikel. Ohne Wasser in den Wein schütten zu wollen, aber mir fehlen ein wenig die Negativentwicklungen, die die Evolution der sozialen Netzwerke im Gepäck hat. Ich will hier gar nicht „Bashing“ und „Shitstorm“ näher beleuchten. Das Problem beginnt früher. Für mich gibt es einen Grundsatz, den ich mit meinem Berliner Mundwerk so umschreibe: „Steh mit deinem Namen zu deiner Meinung oder halt Deine Schnute!“ Annonymes Posten ist – unabhängig vom Inhalt – ein Zeichen von fehlendem Rückgrat und Unfairness. Leider ist der Trend eindeutig. Selbst in „seriösen“ Fachforen wird der Ton rauher, weil sich jeder anynom/pseudonym, oft ohne Wahrung der „Netiquette“ äußern darf. Das ebnet Unfairness, Intriganz und letztlich auch Kriminalität den Weg. Ich habe für mich entschieden,prinzipiell nicht mit „Anonymen“ zu diskutieren – auch wenn sie positiv posten. Jede geduldete Anonymität ebnet „feigen Heckenschützen“ den Weg. Insofern freue ich mich über die bislang offen ehrlichen Teilnehmer an Deinem Blogg.
Liebe Astrid, Du trittst ja sehr dafür ein, neue Wege zu gehen – das find ich gut. Aber dabei müssen wir imo sehr aufpassen, ein gewissen Wertekorsett im Umgang miteinander zu erhalten. Durch Anonymität gehen Umgangformen und Respekt verloren. Worst case: Chaos u. Anarchie! Klingt dramatisch, aber:
„Wehre den Anfängen! Zu spät wird die Medizin bereitet, wenn die Übel durch langes Zögern erstarkt sind.“ (Ovid,43 v.Chr.-17n.Chr.)
Liebe Grüße – Stefan
Lieber Stefan,
ich bin wie immer sehr bewegt von Deinen offenen Worten. Ich bin so sehr Deiner Ansicht, was die Anonymität im Netz angeht. Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung. Ich finde es gut, dass Du mit „xxx“ keinen Austausch pflegst. Solch einen Kontakt hatte ich noch nicht. Werde es – sollte er mir begegnen – genauso halten. Das ist vielleicht genau das, was wir tun können: Teil des Netzes zu sein und so ein wenig Einfluss nehmen. Dem keine Aufmerksamkeit geben. Durch Nichtachtung.
Lass uns aufmerksam bleiben.
Sehr liebe Grüße (von Herzen)
Astrid
Deine Kommentare inspirieren mich. Danke dafür.
Hallo Astrid,
Ich freue mich dich hier im WWW noch „sehen“ und lesen zu dürfen, sind wir doch erst den Weg über das Real Life gegangen und haben so unsere Erfahrungen ausgetauscht!
Ich danke dir mal wieder für deine tollen Worte und kann nur zurück geben, dass ich die Chancen ebenso nutze mit Anderen in Kontakt zu kommen, mit meinen Tipps Bildern wie auch immer eine Inspiration sein darf.
Nicht alles ist toll am virtuellen Leben, aber auch nicht alles schlecht.
Ich freue mich für dich über einen so tollen Tag, in der pulsierenden Stadt wo alles möglich zu sein scheint.
Ich drück dich
Liebe Aileen,
danke für Deine Worte. Wir gingen den umgekehrten Weg. Das war und ist schön.
Es birgt auch Gefahren – ohne Frage. WIR haben es in der Hand die Sozialen Netzwerke für UNS zu nutzen. Mit Verstand und Verbundenheit.
In dieser Stadt scheint wirklich alles möglich zu sein.
Ich umarme Dich!! <3
Liebe Astrid,
wie immer ein sehr bewegender Artikel, und mutig noch dazu. Es gibt ja gerade in unserer „Generation“ 😉 viele Verweigerer sozialer Netzwerke, ausser aus Karieregründen.
Ich stimme Dir in allem vollkommen zu und freue mich für Dich über den tollen Tag.
Und ich freue mich auch, DICH hier im sozialen Netz getroffen zu haben und die Dinge mit Dir zu teilen.
Schön, dass es Dich gibt!
Liebe Grüße
Hans-Jürgen
Lieber Hans-Jürgen,
ich freue mich sehr über Deine Worte. Ja, die „Verweigerer“ sind ziemlich radikal unterwegs. Unabhängig davon wissen wir um die Gefahren. Und ich dneke, nur wenn wir ein Teil dessen sind, können wir auf verändern oder Einfluss nehmen. Und nur dann. Ich bin auch immer wieder beeindruckt, wie anders und gut ein Austausch auf diesen Wegen gelingen kann.
Ich freue mich riesig Teil dessen sein zu dürfen.
Herzlichst vom Schreibtisch <3
Astrid