Hören wir bitte auf, ständig von Krieg zu sprechen und diesen uns vorzustellen. Wir schaffen ihn mit. Terroristen wollen, dass wir ihr Handeln als Krieg anerkennen. Und genau das macht mir Sorge.
„Frankreich ist im Krieg“, erklärte in feinster amerikanischer Terminologie François Hollande. Damit erfüllt der Staatspräsident genau die Absicht der Terroristen und macht diese nach dem Völkerrecht und der Haager Landkriegsordnung zu feindlichen Kombattanten. Er erkennt damit den sogenannten „Islamischen Staat“ als ein völkerrechtliches und damit satisfaktionsfähiges Gebilde an. Ob er das bewusst oder unbewusst tut, ist mir eigentlich egal. Dafür ist er Staatsmann, der sein Handeln und die Folgen dessen sehen MUSS.
Ich finde, das ist zu viel der Ehre für verrückt gewordene Terroristen. Sie sind nichts weiter als kriminielle Arschlöcher, die mit geschickten Mitteln zu bekämpfen sind.
Und so empfinde ich tiefe Verachtung und blankes Ensetzen gegenüber den Menschen, die sich das Recht heraus nehmen, aus welchem irregeleiteten Glauben auch immer und aus einer zweckmißbrauchten Religion, das Leben anderer Menschen gering zu schätzen, herabzuwürdigen und im Extremfall auch einfach zu beenden und sich danach aufs perverseste und feigste in die Luft zu sprengen und sich damit aus der Verantwortung zu ziehen.
Und keine Religion dieser Welt ist da besser.
Machen wir bitte nicht denselben Fehler, wie es die USA seit Jahren tun, in dem wir kriminelle Vereinigungen und Banden zu militärisch – satisfaktionsfähigen, wenngleich auch ungesetzlichen Kombattaten erklären und Krieg mit ihnen führen.
Niemals dürfen wir uns mit diesen Terroristen auf eine Stufe stellen! Genau diese Handhabung unterscheidet uns von organisierten Verbrechern und Terroristen!
Tun wir den Terroristen den Gefallen nicht. Es ist zu wichtig für eine inflationäre Verwendung, es schädigt den Sinn für Verhältnismäßigkeit, es legt die falschen Antworten nahe. (Danke Bernd Ladwig für Deine Gedanken.)
Doch die Politik in Deutschland, Frankreich und anderswo schaut systematisch weg, weil man befreundeten Staaten ja nicht den Vorwurf machen will, gegen rechtsstaatliche Prinzipien zu verstoßen.
Das macht mich traurig und wütend zugleich.
Doch genau das hätte man dauernd tun müssen, damit wenigstens nicht der Eindruck entsteht, es werde mit voller Absicht mit zweierlei Maß gemessen. Der Zweck darf die Mittel nicht heiligen. Dieses Prinzip muss für alle gelten und es muss vor allem für den Staat gelten.
Viele Jugendliche, die in einer Welt aufwachsen, in der sich der Staat anmaßt, die Regeln massiv zu verletzen, deren Einhaltung er seinen Bürgern abverlangt, verlieren die Orientierung und sind anfällig dafür, auch ihren Zwecken alles unterzuordnen. Wie wir schmerzvoll sehen können.
Am schlimmsten sind diejenigen, die den Terrorismus mit den Flüchtlingskrise ganz schnell in irgend einer Form zusammenrühren. Wir werden sie immer wieder in erheblicher Zahl sehen können.
Und so sage ich: Herzlichen Glückwunsch an die Wutbürger und die verkappten „Ich hab ja nichts gegen Flüchtlinge, aber … “ – Nazis. Diese Menschen und der IS sind Brüder im Geiste. Die Menschen flüchten genau vor dem, was uns Paris vor Augen gehalten hat.
Und so wird vergessen, dass die meisten Flüchtlinge selbst genau eben vor diesem Terror geflohen sind und weiter fliehen werden. Sowie wie die Tatsache, dass die Attentäter von Paris vermutlich ihr ganzes Leben in Europa verbracht und vielleicht genau deswegen frustriert und radikalisiert waren.
Radikal werden Menschen im Übrigen nicht von allein. Schon immer wurden Menschen in unserer Geschichte ausgegrenzt und diskriminiert. Das allein macht Menschen nicht zu Terroristen. Es braucht den Rattenfänger von Hameln.
Aber selbst wenn es einen gäbe, der erst vor kurzem gekommen ist, was bedeutete das? Auch zu uns werden viele traumatisierte Menschen kommen. Was aus ihnen wird, entscheiden wiederum in erster Linie WIR, nämlich durch den täglichen Umgang mit ihnen.
Das fängt mit ganz normalen Dingen an.
Wer auch nur den Anschein erweckt, dass die Hautfarbe oder die Religion einen Menschen ausmachen, hat den ersten Schritt hin zu einer Diskriminierung getan, die immer wieder bei einigen der Diskriminierten zu heftigen Gegenreaktionen führen wird.
Nur wenn wir uns selbst jeden Tag sagen, dass wir es sind, deren Verhalten und deren Politik über die Zukunft einer offenen und toleranten Gesellschaft entscheidet, dann gibt es eine Chance, den Hass zu überwinden.
Ich habe keinen weiteren Lösungsansatz. Der Mensch reduziert sich auf Grund seiner Allmachtsphantasien und seiner „Überlegenheit“ in Summe und Menschlichkeit erfolgreich selbst.
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Liebe Astrid,
nicht so einfach, auf Deine Zeilen zu reagieren. Dafür ist das Thema zu komplex, Deine Worte zu gut gewählt und wie immer sehr emotional und ehrlich.
Ich sehe es wie Du. Dem IS den Krieg zu erklären ist der gleiche Blödsinn, mit dem die Amerikaner nach dem 11.September gegen Al Kaida in den Krieg gezogen sind. Terror läßt sich nicht mit Krieg bekämpfen, allen falls unterdrücken. Nur Menschen, die ausgegrenzt werden und keine Perspektive haben, lassen sich radikalisieren. Menschen, die ausgegrenzt werden werden anfällig für Versprechungen, werden zugänglich durch Geschenke und erpressbar mit sozialer Nähe.
Du hast Recht, es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Menschen in unserer Nähe sich nicht radikalisieren müssen. Wir haben es in der Hand, jeden Tag, in jeder Begegnung.
Vielen Dank für Deinen mutigen Gedankenanstoss. Ich wünsche ihm viel Erfolg und viel Verbreitung!
Liebe Grüße
Hans-Jürgen
Lieber Hans-Jürgen,
… erpressbar mit sozialer Nähe. Starke Worte von Dir.
Schon immer wurden Menschen ausgegrenzt. Und so bedarf es auch immer denjenigen, der das ausnutzt und für seine Interessen mißbraucht. UND UNS.
Und so wird Paris, weiterer Terror und die Flüchtlinge selbst unsere Gesellschaft verändern. Und das ist gut so. Und unsere Chance.
Liebe Grüße
Astrid und bis bald auf unseren anderen Kanälen. 🙂